Was schauen‘s?

Was schauen's denn da? Fußball? Oder Politik? Oder etwas ganz anderes? Ist im Sport gesendet. Redet aber ein Minister drüber. Redet zu wem? Schon mal das gefragt? Redet zu den jungen Ruhrpotttürken? Zu den Integrierten oder über sie? Zu den Nicht-Integrierten? Nicht integrierbar, sagen sie? Zu große Kulturunterschiede? Ach sehen's, ich halt's da wie die Stachelschweine vom Schopenhauer. Ich glaub, alle Kulturen haben so ihre Dornen. Warum ich so red? Passt ihnen was net? Red net gegen ...

Die Tage des Eisvogels

Stumm wie ein Abend, der über uns niedergleitet, So sanft und gefällig aus dünnstem Geflecht Leicht zu zerreißen mit flüsternder Stimm nur Ein letztes Mal urteilt die Welt gerecht, Wenn um den Körper sie legt die glänzende Gischt So gnädig umschmeichelt das Meer seinen Leib Leicht zu erinnern, schwer zu vergessen Die Winde flüstern im Traum das Wort „Bleib!“ Doch die Klippen stehn absprungbereit Doch die Klippen deuten scharfkantig auf Sturm Und die Lippen beben vor Angst vor der Zeit Hoch ...

Junge Vulkane

Sobald die letzte Phase der Klimaerwärmung anbricht Ist das der Augenblick, der uns verspricht, Dass das Eis zwischen uns endlich aufbricht, Vergiss also bitte nicht Hinter jedem Sturm brennt Der Himmel im goldenen Licht Du und ich, wir sind junge Vulkane Wir brechen aus aus verkrusteten Zeiten Reißen harte Schalen Und schleudern sie raus in unendliche Weiten Wir sind die Asche, das Gas und das Nichts Die sich über die Kontinente ausbreiten Vergiss also bitte nicht Hinter jedem ...

Das Bäckermärchen

Man erzählt sich, dass in einem ganz anderen Land, weit, weit von hier entfernt, es jede Woche zu einem außergewöhnlichen Erlebnis kam. Und zwar in einer Bäckerei. Ein junger Mann, keine dreißig Jahre alt und sicher längst keine achtzehn mehr, betrat einmal die Woche eine kleine Bäckerei, in welcher man weder vor noch hinter der Theke genug Platz hatte, sich um die eigene Achse zu drehen. Er betrat den stets nach warmen Backwaren riechenden Laden mit einer gezogenen Klingenwaffe, ein sehr ...

Worte

Worte vergessen das Leben Sie treiben durch die Zeit Und prägen höchstens Was wir heute damit meinen Wenn wir Transitzentrum sagen Konzentrationslager meinen Oder Ghetto Oder Aussatz Oder Saat In den Seelen Der Namen- und Wort- Und Sprachlosen In den Zwischenzeilen Der Geschichtsbücher Worte vergessen das Leben Deshalb füllt unser Leben Ihre Bedeutung mit Sinn Der sich ergibt Den wir nicht machen können Machen können wir nichts Nur die Worte Die machen und machen und machen ...

Fühle

Der Himmel in makelloser Weite Du weißt, wie ich mich fühle Die Konturen der halben Welt Auf den Staub eines Hinterkopfs gezeichnet Mit schwacher Fingerspitze Du weißt, wie ich mich fühle Die Schatten, die an uns kleben Du weißt, wie ich mich fühle In den schwarzen Schattentaschen Haben wir das Reisegeld Zerknüllte Scheine Selbstbemalt mit dem Dreck, Der im Blut war Du weißt, wie ich mich fühle Kaum gerade stehen Der letzte Anstand an den Nächsten Hält uns aufrecht Du ...

Lass uns ein paar Fehler machen

Lass uns ein paar Fehler machen, wenn's schief geht, läuft's perfekt. Dann haben wir keine Story zum Erzählen, aber immerhin was gemacht. Lass uns ein paar Brücken bauen, wo niemand auf die andre Seite will. Im schlimmsten Fall stellt man sich drunter, hält der Regen nicht mehr still. Lass uns Steine aus Mauern schlagen, wo sie sagen, die hätten tragende Funktion. Wenn's mies läuft, stürzt der Himmel ein, dann gibt's auch keine Wollenkollission. Lass uns einmal lachen, wo es wichtig wird ...

Die düstere Fahrt der Aquarius

Das derzeitige Schicksal der "Aquarius" hat mich heute Morgen heftig ergriffen. Es war dieses Interview mit dem DLF, das alles ins Rollen gebracht hat. Humanitäre Hilfsorganisationen übernehmen derzeit die "Aufräumarbeiten", wenn man so will, für die Regierungen. In der Diskussion wird die Zahl der Flüchtlinge genannt, es wird von Herausforderungen geredet, von Problemen. Tatsächlich reden wir aber über Menschen und Einzelschicksale. Wir reden über Menschen, die so verzweifelt sind, dass ...

Der freie Platz

Ach höre von fern
Legt Die Uhr einen weiteren Schlag
Dass niemand sich wundert
Dass der Blitz erst nach dem Donner
Über uns kam

Ach sieh
Es wird Frühling im August
Die Erde taut auf, schmilzt uns
Unter den Füßen hinab
In den Himmel

Dass niemand sich fragt
Dass der Mond nun um einen
Leeren Platz kreist

Dass niemand sich fragt
Dass hier so gut ein Ort wär
Wo man Leben könnt

Wenn man denn gut
Leben könnt

Verdunkelung

Kalt türmen die Wolken sich auf langsam vom Horizont rollen einher die sich ballenden Massen Licht fressender Ungetümer Die den Himmel erobern Titanenfäusten gleich schwarz an den unteren Rändern Erobernd das Himmelreich. Kalt schwärzen die Wolken im Windstillen wartet das Land auf den drohenden Sturm Kalt schwärzen die Wolken tünchen die Felder ins Tintentief mit dem Schriftzug, der Sturm verheißt. Diesseits des Sturms harrt die Stille. Jenseits des Sturm Verwüstung. Das Dazwischen ...