Vorwort

Als mir von einem Freund geraten wurde, nicht meine Texte in den Schubladen und den Ordnerstrukturen des Computers verschwinden zu lassen, sondern im Internet das Odeon-Theater zu gründen, da gab er mir einen alles entscheidenden Tipp mit:

Veröffentliche nie etwas, was nicht bereits fertig ist.

Und bis jetzt hatte ich mich auch daran gehalten. Essays, Kurzgeschichten und Gedichte, Aphorismen und Gedankensplitter habe ich brav aus den Schubladen sortiert oder auch Neues nicht zuerst in die Schubladen gelegt, sondern brav sogleich auf die „Bühne“ gebracht. Aber mit Marie Mallarmé ist das etwas anders und etwas merkwürdig. Denn auf der einen Seite ist die Geschichte mit Marie Mallarmé längst geschehen und ich weiß ja längst, wie alles passiert ist. Aber Marie Mallarmé ruht in einer ganz anderen Schublade. Nämlich in einer Schublade in meinem Kopf. Jedes Wort ist bereits geschrieben. Nur nicht auf Papier oder in einem Papier simulierenden Word-Dokument.

Mein Freund warnte mich, Marie Mallarmé dürfe ich nicht auf die Bühne bringen, weil ich sonst nicht weiter schreiben würde. Ich würde Marie Mallarmés Geschichte nicht erzählen, wenn ich sie in die Welt schicken würde, ehe das letzte Wort geschrieben ist.

Er nannte mir ein paar Beispiele, in denen ich tatsächlich einigen meiner Erzählungen untreu geworden war, und die versandeten, kaum dass ich sie einem anderen – meist Freunde – zum Lesen und kommentieren gegeben hatte.

Aber Marie Mallarmés Geschichte ist eine, die ich seit zwei Jahren mit mir herumtrage und die tatsächlich erst zu Beginn des letzten katastrophalen Jahres zu Papier geworden ist, weil es ein Ereignis gab, von dem ich begriff, dass es tatsächlich das ERSTE Ereignis war, mit dem die Geschichte ins Rollen und Marie Mallarmé nun endlich zum Leben geraten würde. Es war die Veröffentlichung einer Aufzeichnung, deren Wortlaut ich im Internet fand und die ich wortgetreu direkt zu Beginn der Geschichte wiedergeben werde.

Marie Mallarmés Leben beginnt mit dem, was das Jahr 2017 geprägt hatte und deshalb ist es für mich, der ich Marie Mallarmé sehr lieb gewonnen habe, nur folgelogisch, dass ich am letzten Tag des Jahres 2017 damit beginne, von ihr in unregelmäßigen Abständen zu erzählen und jeder Teil wird brav durchnummeriert, damit man nicht den Anschluss verliert.

Marie Mallarmé ist sehr schüchtern. Ich werde immer wieder von ihrem Abenteuer berichten. Weil das Leben keine Titel parat hat, habe ich für ihre Erlebnisse in diesem Jahr auch keinen Titel parat. Ich nenne die kommende Reihe deshalb einfach nach ihr – auch wenn ihr das nicht Recht wäre, wenn sie davon erführe. Ihr wäre es lieber, ich nannte die Erzählung nach Thomeo, für den sie über alle Maßen schwärmt.

Aber der Reihe nach.

Beginnen wir mit dem Traurigen, dem Katastrophalen, dem Abgrund, der sich jenseits des Bösen erstreckt. Wenn wir damit beginnen, dann haben wir das Böse auch sogleich hinter uns. Und das Abenteuer voraus.

HK

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