„Fliegenschiss“

Eine vollkommen ahistorische Fliege, gar von jener sowohl eintägig als auch bremsenden Art, entledigte ihre ebenso ahistorischen Fäkalien kurzerhand und gedankenlos auf einem kleinkarierten Sakko. Da sie von nur unbedeutender Art ihr Dasein fristete, hegte sie kaum Interesse an den Worten, welche aus unmittelbarer Nähe an sie gerichtet waren. Es interessierte sie recht wenig, nun landweit als Nazi diffamiert worden zu sein. Statt dessen verließ sie das gar laut röhrende Zentrum, derer sie sich ...

Bodyshaming

Sie saßen alle schon viel länger an dieser Haltestelle. Der Vater jedenfalls sagte zu seiner Tochter: „Du weißt doch, wen ich meine.“ Und sie antwortete: „Nein, wen?“ „Die Frau, die auch bei dir im Kindergarten ab und an arbeitet.“ „Saskia?“ „Nein, das ist doch deine normale Erzieherin. Die andere. Die mit den langen Haaren.“ „Dunkel?“, fragte sie. „Dunkle Haare, ja.“ Das Kind dachte nach. „Wie sieht sie denn sonst so aus?“ „Etwas kleiner als ich. Und ...

Der Irrtum

Wir bilden uns ein, wir würden vor unseren Ängsten fliehen.

In Wahrheit gehen wir ihnen voraus ins Tal der Sicherheit und erlauben ihnen, es einzunehmen.

Wir bilden uns ein, wir würden uns unseren Ängsten stellen.

Tatsächlich stehen wir ihnen entgegen, um zu erkennen, dass es doch nicht mehr als Schwierigkeiten waren. Kleinwüchsige Hindernisse mit lächerlich groß geworfenen Schatten.

Leichtes Gepäck

Wir trugen am Anfang das Leben in unseren Koffern mit uns. Und wir zogen von Tag zu Tag. Immer den Bahngleisen folgend. Wurden wir müde, rasteten wir in jenen Hütten am Wegesrand, deren rückwärtiger Teil von dem Abrutsch der Schotterhalden begraben war. Wir öffneten unsere Koffer und genossen, was wir an Leben darin fanden. Mit der Zeit wurde immer mehr zum leichten Gepäck geladen. Wir hatten begonnen, alles Mögliche zu unseren Leben in die Koffer zu stopfen. Am Anfang lachten wir über das ...

Es gibt Tage

Es gibt Tage, da hilft nur eine richtige Dummheit. Man schält sich also aus seiner verkrusteten Hülle und erlaubt dem Idioten in einem einen kurzen Gastauftritt. Ganz nach dem Motto: Wer ständig begreift, was er tut, bleibt unter seinem Niveau. Ich ließ also einfach den Kopf haltlos zur Seite fallen und klatschte mit dem Gesicht gegen die Seitenscheibe meines Wagens. Das Kind im Nachbarauto erschrak und lachte dann, als meine plattgedrückte Wange langsam nach unten sabberte. Mir half es, diesem ...

Legende aus Cornea: Die Ebenen von Anun

Man erreicht die Ebenen von Anun ganz plötzlich. Mit einem Mal ist die Welt zu Ende und der Boden fällt kratertief ab. Es sind endlose Meter, die vor den Augen herabstürzen, ehe es in der Tiefe weiter geht. Die Welt hat hier eine Stufe. Es ist eine der zehn Stufen, die Prinz Anuneh’adas in die Wüste hat schlagen lassen. (...) ...

Nachtblumen

Es gibt Sternennächte, da liegen wir und sagen nichts. Obwohl es erst Mai ist, flüstert die Luft mit lauem Atem. „Jetzt eine Sternschnuppe.“, sagst du. „Ist dir schon aufgefallen, dass es Blüten gibt, die nur nachts blühen?“ Du drehst deinen Kopf zu mir um. „Und die Tagblumen schließen ihre Köpfe. Müsste es da nachts auf einer Blumenwiese nicht ganz anders duften als am Tag?" Ich höre dich tief einatmen. „Du hast Recht.“, flüsterst du mit aufgeregtem Zittern in der Stimme. Und ...

Argumente gegen rechte Politik (Essay)

Rechte Politik ist ausschließend. Keine Frage. Keine Diskussion. Die politische Rechte definiert sich geradezu dadurch, dass sie ausgrenzt. Nein, formulieren wir es anders: Die politische Rechte definiert sich dadurch, dass sie Definieren als ein Grenzenziehen versteht. Und Grenzen bedeuten immer ein Diesseits und ein Jenseits. Auf dem Diesseits befindet sich das Ideal der Grenzzieher. Im Jenseits sind die Andern, die, die nicht dazugehören zu dem, was man auf dieser Seite der Grenze als gut erachtet. Die ...

Erster Mai, Wanderung ins Tal der Klischees

Es gibt Besuche, die sind mir so lieb, dass ich mich sogar mit größter Migräne aus der schützenden Dunkelheit des Schlafzimmers quäle. Bemüht langsam bewege ich mich und versichere mich alle paar Schritte, dass mein Kopf noch gerade sitzt. Es fühlt sich so an, als wäre mein Gehirn schmerzhaft zusammengetrocknet worden, dass es jetzt haltlos immer wieder gegen die Schädelwände prallt, wenn die Bewegung zu heftig wird. Aber ich bleibe tapfer und bereite das Essen vor, quäle mich mit Sonnenbrille ...