Kennst du dieses Gespräch, das nicht zu Ende geführt wird?
Du redest dich um Kopf und Kragen und trotzdem ist da auf einmal dieser eine Augenblick, in dem der Eine auf einmal bei dir ist und dir die Frage stellt, die schon seit ein paar Jahren zwischen euch stand. Und er fragt und du antwortest und das Gespräch beginnt, das euch wichtig ist.
Ihr rückt aneinander, verschworen, und du fragst zurück, um deine Antwort vorzubereiten.
Da kommt die Welt dazwischen. Und drängt sich hinein in die gesprochenen Wörter. In die gestellten Fragen drängt sie und es gerät alles in Aufruhr: dort drüben wird lauter gelacht als zuvor und dort drüben wird dir ein „Hey, erinnerst du dich noch -?“, zugerufen. „Wir reden hier gerade von dir und wie du –“
Und einer rempelt euch an, ein anderer verabschiedet sich und du wirst – fast wie auf einem Marktplatz von dem Stand – weggeschoben, herübergereicht. Und dein Blick sucht die Augen des Einen, der dir verständnisvoll zulächelt, in dem Irrglauben, man könne dieses eine Gespräch ja bei Gelegenheit fortsetzen.
Seine Augen lügen: „Nicht so wichtig.“ Und etwas später: „Ich versteh schon, du musst jetzt dort rüber. Ich verstehe sowieso, was du mir sagen wolltest.“
Und alle Gespräche werden so profan, weil es nicht dieser eine Wortwechsel ist, der einfach nur begonnen hat.
Du denkst darüber nach, während der Eine jetzt selbst weiter gereicht wird. Denkst dir: wie kann man ein Gespräch wieder neu starten, das gerade Fahrt aufgenommen hat? Da steht eine Stunde später der Eine wieder vor dir und lacht und sagt: „Wir müssen los. Es war schön, hoffe, man sieht sich bald wieder.“
Und du denkst das gleiche wie der Eine. Du denkst: das nächste Mal ohne die Welt, versprochen.
Und als der Abschied eine Sekunde länger dauert als bei anderen, wisst ihr beide ohnehin, was ihr hattet sagen wollen, was der andere geantwortet hätte. Und das ganze unausgeführte Gespräch wabert unwirklich in dem hauchdünnen Zwischenbereich eurer Umarmung.
„Demnächst.“, sagst du.
Und er nickt, sieht dir in die Augen und sagt: „Auf jeden Fall.“
Und an der Tür dreht er sich noch einmal um, dieser Eine, und sagt aus für alle anderen unerfindlichen Gründen: „Danke.“
Und er fährt, lässt dich mit all diesem Unausgesprochenen zurück.
Als sein Name zwei Wochen später dir durch das Telefon genannt wird von einem gemeinsamen Bekannten, erinnerst du dich, dass du wirklich gedacht hast, man könnte auch nur irgend ein Gespräch zu Ende führen und die Welt dabei außen vor lassen.
Dass die Welt sich Drängen kann und du nun mit ihr statt mit dem Einen in deinem Zimmer eingesperrt bist, du nun mit ihr das Gespräch führen musst und die Welt dabei schweigt, das hast du dir nicht vorgestellt. In den kühnsten Träumen nicht.
Und dabei hättest du so gute Antworten für den Einen parat gehabt, die du jetzt nur noch dem Wind flüstern kannst.
Du hättest ihm Dinge sagen können, von denen du gedacht hättest, dass sie ein Stück seiner Seele hätten reparieren oder sogar retten können. Du hast dir eingebildet, dass deine Meinung etwas bewirkt hätte.
Du hattest dir eingebildet, dass die Meinung der Welt nichts gezählt hätte.
Und du sagst: „Es tut mir Leid.“, als Antwort auf sein Danke von damals, legst ihm die Blumen aufs Grab und hast kein Wort mehr, keine Meinung, nur noch einen ausgetrockneten Grund, von wo aus man eigentlich weinen müsste.