Das nicht kitschige Liebesgedicht?

Das Gedicht von mir, das am ehesten nicht kitschig über Liebe spricht, sollte eigentlich gar nicht von Liebe handeln. Es ging um die Frage, warum mir eine bestimmte Stadt in Deutschland überhaupt nicht gefällt. Und nach unzähligen Antworten, die ich schon gegeben hatte, kam irgendwann: die Stadt gefällt mir nicht, weil ich nicht das Gefühl habe, dass man hier jemandem romantisch begegnen kann. 

Alles ist so einfallslos und lieblos, dass Romantik hier nur um Konjunktiv, im „was wäre wenn“ existiert. Das war der Augenblick, in dem „Wenn diese Stadt“ entstand. Es ist irgendwie fertig und nicht fertig. Ich könnte noch hundert weitere Strophen darüber schreiben, was man tun könnte aber nicht tun kann. Und dabei indirekt das Bild dieser „Lila Frau“ zeichnen, der man all das bieten muss, was man ihr nicht bieten kann, eben weil der Ort nicht zu den Personen passt.

Das kitschigste am Gedicht ist, dass die Liebe zwischen den Zeilen, zwischen den Möglichkeiten entsteht.

oder seht ihr das anders?

 

Komm her,
schau ins Haus gegenüber
sie zeigt sich eben mal wieder
Miss Altbau in Lila möbliert,
die sich in der Weite der eignen Wohnung verliert
trinkt Aperol, hört laut Piano-Etüden
Streift mit der freien Hand durch weißköpfige Fensterbankblüten
Ihr aschfahler Blick geht auf die Stadt da unten
Die Augen sind im Nachtregenschimmer versunken
Sie träumt davon, wie es ist, zu verliern
ich träum, sobald ich sie seh, nur von ihr.

Und weißt du, ich gäb weiß Gott was dafür her,
wenn diese Stadt nur n bisschen schöner wär.
Ich hätt mit ihr schon Tausend und Eine Nacht
in der Fußgängerzone bei Goldlicht tanzend verbracht
Hätt sie zu sektperlverspielten Schaufenstern geführt
Sie mit dem Luxus der Welt gern Abend für Abend verführt,
ich gäb weiß Gott was dafür her,
wenn diese Stadt nur n bisschen glamuröser wär.

Wenn das Streiflicht an alten Fassaden
Elegant über venezianischen Klassikkaskaden
Das Herz dieser Stadt atmosphärisch umsäumt
Und der Stadtpark unter dem trunkenen Sternenmeer träumt,
sind das in Wahrheit industrielle Altvorderzeitenruinen
und lieblose Hundetoiletten mit grasüberwucherten Eisenbahnschienen
Über dieser Stadt schwebt eine wie sie
Mein Engel, meine Muse, Inspiration und Fantasie
Und lässt mich träumen, wie es ist, sie zu verführn,
Jeden Augenaufschlag von ihr mit innerem Feuerwerk zu parier’n

Und weißt du, ich gäb weiß Gott was dafür her,
wenn diese Stadt nur n bisschen schöner wär.
Ich würd ihr die Welt zu Füßen legen
Wie Teppiche aus tausend roten Rosenblüten
schenk ihr das Millionste Sonnenversinken
will dazu im azurblauesten Ozean titanisch versinken
Ich gäb, weiß Gott was dafür her,
wenn diese Stadt nur n bisschen paradiesischer wär.

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