Der Rotherbst liegt über St. Johann

Der Rotherbst liegt über St. Johann
Vor letzten Cafés sitzen letzte Männer vor letzten Bieren
Und schauen über den Samstagmorgen hinweg
In die rotwangigen Passanten hinein.

Unter deren Füßen kleben die Blätter
Von alten Spielkarten mit Bild nach oben, frisch
Von den Bäumen geweht und knisternd
Treibt von jenseits der Häuserwand Saarwind herbei.

Ich erinner’ mich, als ich einmal hier gesessen
Traumverloren den Wolken beim Austeilen der Karten zugeschaut
Auf den Lippen der letzte Geschmack eines rot-schwarzen Sommers

Eine Zeit, da wir davon sprachen, einmal ganz Europa zu sehen
Von einem Berg aus die Grenzen auszuloten,
die heute am Brennen sind, während der Horizont hochgeklappt wird

Der Rotherbst liegt über St. Johann
Vor letzten Cafés sitzt der letzte Mann vor dem letzten Rest (im Glas)
Und schaut über das klirrend kalte Wochenende hinweg
Auf die leergefegten Pflastersteine einer gemütlichen Welt

Der zu Füßen die Spielkarten kleben
Wie Herbstblätter am Tblitzer-Platz vorm Theater
Von den sommerverblassten Bistrotschirmen geweht
in das Hinüber, woher noch sanftschimmernde Musik klingt

Leises Saxophon, noch leisere Stimme
Hauchzarter Erinnerungsstraßenjazz
Zu einem dünnhäutigen Bass

Sanftzüngig murmelt der Oktober den Text
In die Jahreszeit: von Kälte, die kommt;
Und Wärme, die war.

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