Die Familie – eine Glosse

Ach seht nur, da ist eine Familie. Ganz klassisch. Das alte Modell. Man hat einen Vater (den muss man zuerst nennen), man hat eine Mutter und man hat zur Komplettierung: das Kind. Meist eins, oft zwei, zuweilen drei, höchst selten mehr.

Wir nehmen Rücksicht auf Familien, denn Familien sind das Rückgrat unserer Gesellschaft. Sie sind das Herz, wo der Alleinstehende maximal die Leber, und die Alleinstehende das Hirn, wo das kinderlose Pärchen allenthalben Milz und Niere darstellen. Also sinnvoll zwar und nützlich. Doch zugleich auch entbehrlich und kaum einer redet davon.

Auf Familien muss man Rücksicht nehmen und sie hoch schätzen.

Wer heutzutage eine Familie hat, bei dem geht man davon aus, dass er alles für seine Familie tun würde. Also zum Beispiel auch arbeiten.

Und Arbeit, das ist das Blut unserer Gesellschaft. Denn das Geld ist ja bekanntermaßen der Taktgeber, um in unserem Bild zu bleiben: der Puls.

Die Arbeit organisiert sich heute um das Familienglück. Denn sonst tut es ja keiner.

Man sieht: Kindertagesstätten, Ganztagsschulen, Kinderhorte und … das war’s auch schon … organisieren sogenannte Zeitfenster, die es den Familienstützen – den Eltern – erlauben, die Arbeit für die Familie anzutreten. Wo immer diese Zeitfenster geschlossen sind, muss die Arbeit sich beugen und sich um die Familie herumwinden. Es heißt also: Gearbeitet wird von Mama und Papa gleichermaßen, weil heutzutage ein Gehalt nicht mehr ausreicht und weil man das so schön im Sinne der Gleichberechtigung von Mann und Frau verkaufen kann als Gewinn der Emanzipation. Eine Frau, sagt man, muss nicht mehr die Entscheidung fällen, ob sie Mutter oder Karrieristin sein will. Sie kann auch beides sein: Ein Kind gebären, es temporär auf Seite lagern in einer besseren Relaisstation, und sich ihrer Karriere widmen, die sie benötigt, um ihr Kind gen Abend hin zu versorgen.

Ein Mann kann auch Vater sein und Elternzeit beantragen, was er nicht tut, da die Familie dann zwar ihn, nicht aber Geld hat, dass er sich und die Familie ihn genießen kann.

Es winden sich bereits die ersten Arbeitsstrukturen um die mangelhaften Zeitfenster herum. Und schon hört man allerweiten klagen: Weshalb gesteht man den Familien so viele Vorteile zu? Gleitzeiten und Sonderurlaub. Und Krankheitstage nicht nur für ihn oder für sie, sondern für andere Menschen, nämlich die Kinder. Die tatsächlich in ihren Horten gleich einem staatlich geförderten Virenschutzprogramm regelmäßig beseucht werden.

Es winden sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer umeinander herum, so lange das große Ideal der Familie im Zentrum des Gewindes steht.

Und man tönt von Gleichberechtigung der Familie und sagt: Wer keine Kinder hat, der kann die Lücken füllen.

Ach seht nur, da ist eine Familie, die kann trotz allem hin und her Gebiege, nicht mehr grade stehen. Die Familie ist das Rückgrat der Gesellschaft. Und beugt sich dementsprechend tief den eignen Idealen.

Es wird herumgedoktort und herumprobiert. Selbst die ehernen Definitionen, was denn nun eine Familie sei, werden geflochten, um nicht unumwunden zu sagen: gewunden.

Man sucht sich ein neues Bild von unserer Gesellschaft. Und das ist gut so.

Wie soll man sonst begreifen, warum grad das Rückgrat allerweiten bricht. Warum gleich hier gleich da, man tief und tiefer sich beugt, als habe man zwar eine Vorstellung von der Familie und was es heißt, sich darin zu verwirklichen.

Doch eines hat man scheinbar nicht mehr da und dort: Ein Rückgrat, seinen legitimen Traum von der Verwirklichung derselben zu verteidigen.

Ach seht nur, da ist eine Familie. So schaut sie heute aus. Vergleich sie mal mit der von morgen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert