Heldentypen – Essay

Die Formel der Antike lautet: Er weiß es nicht, obwohl er es tut.

Die Formel der Moderne, siehe Hamlet, lautet: Er weiß es, deswegen kann er es nicht tun.

Und dann gerieten wir in die Spätmoderne, und da weiß er genau, was er tut und tut es trotzdem.

Und dieses Bild der Geschichte und dieses Bild eines Helden sind wir müde geworden. Für die Darstellung dieses Helden gibt es ja nur den Weg des Zynismus und den eines tragischen Bewusstseins.

Zynismus macht nur Zynikern spaß, also Hunden. Und alle anderen sehnen sich, während sie mit dieser Abgrundweltsicht konfrontiert werden, nach der schönen, der heilen Welt. Das tragische Bewusstsein tritt dagegen viel zu intellektuell auf. Der Zuschauer sehnt sich nach Leichtigkeit und schwelgendem Zuckerwattegenuss.

Ach, warum können Geschichten nicht mehr einfach sein? (Warum konnten sie das nie?)

Eine ganz leichte Geschichte vielleicht mit einem ganz eindeutigen Held. Einer, der nicht leidet. Einer, der stark ist – weil wir uns so schwach fühlen – mit dem wir uns nicht identifizieren, weil er so ist, wie wir sind. Sondern einer, mit dem wir uns identifizieren wollen, weil er uns so etwas wie ein Vorbild ist.

Ein Heros.

Wie in den Kinderbüchern. In den letzten Jahren haben ganz klassische Kinderbücher wieder gute Chancen. Wir wollen die starke Ronja Räubertochter oder den frechen Michel. Wir wollen zurück in die romantische Welt, in der alles durch Schwarz-und-Weiß-Malerei noch in Ordnung war. Wir wollen die Welt in ein Schachbrett verwandelt sehen mit ganz klaren Strukturen und Helden, die Helden sind und nicht geldgierige Lobbyisten. Die Bösewichter sind die, die hinter den Grenzen im Anderswo im Dunklen lauern, um unsere Schwäche auszunutzen.

Wir wollen einen eindeutig definierten Captain America und einen zwischen seinen massiven Schritten herumalbernden Deadpool. Wir wollen Glanz und Glorie und Happy End.

Und die Schriftsteller mit Gewissen werden selbst – ganz konservativ – zu dem, was früher ihre Figuren, ihre modernen Helden, gewesen sind: Wir wissen es. Deswegen können wir es nicht tun.

Dabei wäre der nächste Schritt, der Kampf gegen das fatal plumpe Heroentum (Er kann es und er tut es, verdammt noch mal!) ganz einfach:

Eine neue Formel müsste her. Die Autoren hinken hinterher.

 

Er weiß es nicht, aber er tut es trotzdem.

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