Ich wollte so geniale wie einfache Sätze schreiben

Ich wollte so geniale wie einfache Sätze schreiben wie: Die Gedanken sind wie Gärten. Aber das hat Orhan Pamuk ja schon geschrieben.

Ich wollte umwerfende Sachen schreiben, die wenigstens einen Menschen treffen und aus dem Gleichgewicht seines Alltags bringen.

Ich wollte so geniale Atmosphären schaffen wie Murakami, aus dessen Geschichten Auren wie pastellfarbene Blumen wachsen.

Ich wollte Abenteuer erdichten, wie Dumas, Menschen schaffen wie Gogol, tief und ehrlich und authentisch wie Dostojewski und Hugo zusammen. Aber ich bin kein Franzose und kann kein Wort russisch. Außer ich liebe dich. Aber ich bin in keine Russin verliebt.

Ich wollte, meine Gedanken wären so tief, dass man den Boden nicht sieht, aber vor der Abgrundschwärze fasziniert zurück schreckt. Ich wollte, mein Wort wäre erhaben wie ein monumentaler Berg und nachhallend wie ein Paukenschlag.

Ich wollte Menschen zum Weinen bringen, wenn ich etwas erzähle.

Und ich wollte ihnen Freunde erfinden, in denen sie sich wiederfinden könnten. Und über die ihnen die Spucke wegbleibt, wenn sie mit der letzten Seite ihrer Geschichte begraben werden.

Ich setzte mich also hin und schrieb, als hätte die Stiftspitze Angst davor, vom Teufel gefasst zu werden.

Und ich bekam ein Like dafür.

Und ich wusste nicht, was passiert war. Irgendwo, am anderen Weltende. Ich sah keine Tränen – auch nicht in meiner Vorstellung. Ich erinnerte mich auch an meinen ersten Satz nicht mehr. Oder an den zweiten. Ich erinnerte mich an die Figuren nicht mehr.

An nichts.

Ich starrte nur dieses Like an. Und hatte das moderne Pendant zum Horror Vacui.

Das Papier quälte mich mit seiner Distanz.

Also weinte ich, war aus dem Gleichgewicht gebracht und wußte nicht mehr, wie ich ohne meine Worte weiter machen sollte.

Ich setzte mich einfach nur hin und machte weiter.

Zeit für die nächste Story, dachte ich.

Und der Teufel holte mich ein, erhaben und dann auch noch laut wie ein Paukenschlag.

Ich schrieb meinen nächsten Satz.

10 thoughts on “Ich wollte so geniale wie einfache Sätze schreiben

  1. Ein kommentarloses like…. so simpel, so wortlos und leider meist so üblich im Netz.😉
    Liebe Grüße von Hanne 🌞🍀und hoffe, dass mein Häkchen zum Blog folgen endlich hier greift….. denn muss es immer wieder neu anklicken😯

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