Satire: die Namensammler

An der einen Stelle sammelt man Namen und Daten und alles, was man über den Namen so wissen kann. Nicht, was man wissen muss, sondern viel mehr. Was es zu wissen gibt.

An der einen Stelle sammelt man Namen und Daten und alles, was in dem Namen so alles drin steckt. So wie in einem Ei ein Kücken, so steckt in dem Namen ein Individuum und eine individuelle Realität.

Da weiß man irgendwo, dass irgendwo anders ein irgendjemand an irgend einem bestimmten Tag an einem irgend bestimmten Ort war und irgend einen bestimmten Satz gesagt hat. Denn irgend ein anderer war da, über den alles gesammelt wurde, was es zu wissen gibt und dieser andere, der hörte zu und schrieb auf und schrieb sich selbst in seinen Namen hinein, was der erste da so alles von sich gibt an Meinung und was er so denkt über die Welt.

Da zitiert irgendwo in Deutschland zum Beispiel ein Lehrer den Tucholsky:

„Ist ein Schullehrer Pazifist

und sagt, wie es in Wahrheit im Kriege ist -:“

Schon schreibt sich der Schüler in seinen Namen hinein:

Der Lehrer da, das ist ein Schwein.

Und schreibt seinen eigenen Namen mit diesem Satz auf ein virtuelles Stück Papier von einer bestimmten Partei. Und schreibt, dass man den Lehrer verklagen sollt dafür, dass er eine Meinung hat zur Literatur.

Schon kommen mit Fanfaren die ganzen großen Parteien angefahren und stürzen sich auf diesen Namen, der da angeblich sein Amt missbraucht, weil er den Tucholsky auf die eigene Zeit drüber rollte und fragte: Ist das denn heute noch so? Was hätte Tucholsky zu dieser und jener Partei wohl gesagt? Was hätte die Partei wohl geantwortet?

Die Frage wird ihm beantwortet.

Denn die Partei, zum Beispiel der Ableger in Hamburg, sammelt auf ihrem virtuellen Papier alle Schülerbeiträge über Lehrer, die den Namen der Partei nur einmal erwähnen. Und es wird verzeichnet: Wer bildet in den Schülern einen kritischen Blick auf die Parteienlandschaft und deren Geschick?

Wer lässt unsere Reden genauer betrachten und darin all die Sachen suchen, die wir erfunden und erlogen und übertreiben und polemisieren und wer lässt untersuchen, ob wir rhetorisch geschickt, ob wir politisch gebildet, ob wir historisches Vokabular, wer lässt untersuchen, ob unsere Partei etwas taugt!? Denn es geht ja nicht, dass Lehrer Politik machen. Die sind für anderes da. Die sind dafür da, einfach nur aufzupassen, dass die Kinder nicht auf der Straße lungern.

Den sammeln wir, mal sehen, was das bringt.

An der einen Stelle in Deutschland sammelt man Namen und Daten und alles, was man über den Namen so wissen kann. Nicht, was man wissen sollte. Was man wissen muss, wenn man etwas vorhat mit diesem Namen und diesen Daten.

 

Was sagt ihr dazu?