Angela

Auf ihrem Weg zur Station geschah’s
die Kopfhörer drückten Worte in sie hinein:
On our bodies we share the same scars
Kommt Schande und Scham und wird ganz klein.

Die Finger an die Scheibe zum Abschied gelegt
Verlieren die Schlieren sich zwischen
ihnen und dringen – fallend – ins Ich, es trägt
Die Bahn die Stadt vor ihren Augen vorbei, zischend

Sie kriegt die schwarze Message per WhatsApp
Und fängt gleich an zu weinen
Sie spürt den Fremden, der sie checket
Und keine Lust mehr, hier zu bleiben.

Geht durch die Straßenkanäle der ausgestorbenen
Fußgängerzone und fühlt sich als stürze sie gehend
Zwischen den Schluchten ins Bodenlose von Morgen
Ewig das Stürzen, den Tränen hinterher bebend.

Ihre Kleidung ist so zerfetzt wie die hauchdünne Seele
Zwischen ihrem knöchernen Brustkorb und dem
Gerade noch so spürbaren pulsierenden Herzwehen
Und quer über dem Shirt steht nur das Wort: „Ausgehen“

Wo andre dabei an Partys denken, stellt sie sich
Ne grade erloschene Kerze samt schwarz aufsteigendem Rest
Rußrauch vor. Und klammert sich an rhythmisch-
en Ausbuchtungen ihrer Umwelt fest.

Sie hört die andern Reden. Sie hat nämlich Ohren.
Und Hass kann man nicht Flüstern. Hass ist präsent.
Sie spürt wie fremde Wortdolche bohren,
sie klinkt sich aus, ist niemand mehr, den man noch kennt.

Später auf dem Rückweg: Sie verliert ihren Namen
Zwischen „Fickdichdubitch“ und „willstmirnenblasen?“
Später auf dem Rückweg: Wo alles in Zeitlupe läuft
In ihrem Innern sich die geballte Macht Wertlosigkeitsleben häuft.

Später im Fahrstuhl gegen die Rückwand gesunken
Brüllen die Gedanken wild gegen die Innenwandseiten der Schläfen
Wirbeln wie Tornados aus unkontrollierbaren Emotionen
Bilder dringen spitzkantig auf sie ein, zielen, sie betet: wenn sie nur träfen!

Während sie grinsend um Selbstachtung ringt
Sagt sie lakonisch nur zu sich selbst: „Sie sind die Klingen dieser Welt
Über die du springst,
wenn du fällst.“

Nachts, wenn die Stadt alle Lichter auswringt
Und die Dunkelheit sich über der Welt verdingt
Wenn die Stille das lärmende Chaos verschlingt
Türöffnend das MotherMaryLicht eindringt

Beugt sich Mutters Mund über ihr nie schlafendes Bett
Haucht kalt einen Kuss voller kraftloser Liebe
Flüstert ihr zu: ich weiß wie du dich fühlst
Und das ist der Tag, da sie es versteht

Was Liebe gibt und was nicht
Was die Welt sieht und vergibt
Was das Leben hält, und was es verspricht.
Was die Seele erhält. Was sie trübt.

Was Worte Wert sind und was Schmerzen
Was Wahrheit ist und das Gewicht eines Herzens.
Wie Trümmer zu Asche zerfallen
Und Menschen zu nichts.

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