Papierflieger (5) – Erinnerung

Es ist furchtbar.

In letzter Zeit werden ständig Gräber geschändet. Sie schmieren Farbe quer über den Grabstein, reißen Blumen aus der Graberde. Und es gibt keine Hinterbliebenen mehr, die für die Rechte des Toten eintreten könnten. Alles bleibt an uns hängen, die ihn ja gar nicht kannten. Die Rechnungen sind noch für Jahre bezahlt. Selbst wenn wir keine Moral hätten, daran soll es nicht scheitern. Wir machen täglich den Dreck weg, der auf dem kleinen Fleckchen Erde abgeworfen wird. Ich nenn‘ es zum Spaß schon „Heimatschutz“. Mehr Heimat hat so ein Toter ja gar nicht mehr. und die leben so lange, wie man noch an sie glaubt. So seh ich das jedenfalls.
Auch wenn der da der größte Nazi im Dorf gewesen ist und man das Hakenkreuz auf dem Gedenkstein einfach nicht ertragen kann, oder dass man selbst bald unter der selben Erde liegen wird. Ist ja schlimm, für uns, dass wir im Tod alle gleich sein werden.
Wer will denn so gleich sein?
Deswegen liegen die Gefühle ja blank. Ja, bei mir auch!


A: Häuser kann man einreißen, Menschen töten, Fakten zum Verschweigen leugnen, aber die Geschichte wird erst vernichtet, wenn die Menschheit ausgestorben ist.

B: Denken Sie?

A: Genau daran liegt es. Unser Denken ist das Ergebnis unserer Erinnerung.

B: Das denken Sie!

A: Oh, Sie auch! Da bin ich sicher.

Was sagt ihr dazu?