Sieh nur!

Sieh nur! Der Himmel wird gestreift. Die Worte sind zum Flug gereift Sieh nur! Bald können wir es spüren Wenn sie am Boden detonieren Und sieh, sie zeichnen neue Horizonte. Man tat wirklich alles, was man konnte Und hör: was soll man sinnlos diskutieren Wenn sie am Boden detonieren Sie wollen Gesichter von den Masken reißen Und Krieg soll wieder Frieden heißen Sie wollen, dass die Welt im maximalen Farbenrausch ertrinkt. Sie säen Blut und ernten Macht Sie streuen Feuersamen in der Nacht Wir ...

Ruhrgebiet 2019

Das Ruhrmuseum in Essen behauptet, die Menschen im Ruhrpott haben sich immer mit dem Prädikat der Männlichkeit selbstinterpretiert. Hier sei das Malochen wesentlicher Bestandteil der Selbstinszenierung, der Selbsterfüllung, vielleicht sogar des ganzen Selbstes. Fußball, Mantas, Reihenhausromantik, Straßenkinder, Trinkhallen, Industriecharme, Ruß statt Rouge. Und alles läge zerbrochen und im Wandel einbegriffen. Der Mann ist deutschlandweit nicht mehr das, was er einmal war. Männlich nicht ...

Gleichheit und Freiheit

Mitten im größten Gedränge sich einsam fühlen? Das ist ein altes menschliches Empfinden. Spätestens in dem Zeitalter der Industrialisierung begann es. Nicht wegen der Maschinen, die die Menschen zu ersetzen begannen: wegen der Vielzahl an Menschen, wegen des Gedränges. Je enger man zusammenrutscht, je mehr Bewegungsfreiheit verliren geht, desto mehr schafft die Seele sich im Körperinnern Platz. Desto mehr fühlt man in sich selbst hinein und erahnt was dieses Ich doch ein Gleiches ist. Freiheit ...

Ganz Europa

Ganz Europa ist ein Auge,
das sich schließt
vorm Anblick dieser Welt.

Ganz Europa ist ein Mund,
der in tausend
wirren Sprachen schweigt.

Brav schaut man zu dem Glanz
empor, der sich
über Europa wölbt.

Brav nennt man diese Blase
Heimatglück,
die Europa dünn umgibt.

Und wird das Bläslein einst
über den Köpfen platzen,
platzt nass es zu uns rein:

Europa war ein Aug
worauf die Trän‘ sich formte
so klar und – ach – so rein!

So ein Mensch

So ein Mensch, der gelebt hat, Im Sterben aber gegen den losen Stein eines Damms fällt, Dessen Tod dann die Flut bringt, Und nunmehr nun nicht mehr Als ein Anstoß geworden ist: So einer ist in den Augen Der Welle kein Mensch mehr. Auf den Straßen der Republik: Wölfe Mit blutleerem Blick. So ein Mensch, den man brüllend Durch ein Land trägt, mit nichts Als Angst und Hass und Stolz Dessen Tod lauter klingt als sein Name, dessen Biografie Wertloser wurde als seine Beerdigung, so ...

Schülerlotse und Verantwortung

"Früher hat es noch Schülerlotsen gegeben." "Früher haben sich Leute aus der Umgebung dafür bestimmt freiwillig gemeldet. Ich meine, ist ja kein Beruf sowas, oder?" "Waren andere Zeiten. Hat ja keiner mehr Zeit für an der Straße rumstehen und den Autos winken." "..." "Nein, im Ernst: hat keiner mehr Zeit." "Ich frag mich, ob es die Zeit ist oder, dass man dafür Verantwortung für andere übernehmen muss." "Die Leute, die immer sagen: "ich würd's ja machen, aber!" "Und Recht haben sie, ...

Junge Vulkane

Sobald die letzte Phase der Klimaerwärmung anbricht Ist das der Augenblick, der uns verspricht, Dass das Eis zwischen uns endlich aufbricht, Vergiss also bitte nicht Hinter jedem Sturm brennt Der Himmel im goldenen Licht Du und ich, wir sind junge Vulkane Wir brechen aus aus verkrusteten Zeiten Reißen harte Schalen Und schleudern sie raus in unendliche Weiten Wir sind die Asche, das Gas und das Nichts Die sich über die Kontinente ausbreiten Vergiss also bitte nicht Hinter jedem ...

Die Stadt träumt von der Stille

Die Welt träumt wieder
Wieder ist Deutschland ein Phantom
Europa zerreißt es wieder
Wieder Sturmzeichen
Die vom Horizont drohn

Die Welt, sie träumt vom Fliegen
Europa wachsen aber keine Flügel
Es treiben gefährliche Wurzeln
Lockernd die Lockungen
Durch Alles tragende Hügel

Die Stadt träumt von der Stille
Unter jedem Schritt rumorts
Es treiben tektonische Wellen
Auseinander ein jedes Wort

Bolaffi angelo