Der Selbstoptimierer

In der schwülen Halle wälzten sie tiefgründige Worte wie: „Alles fängt bei dir an und hört bei dir auf.“ der Ratgeber auf der Bühne wirkte schon nach wenigen Minuten verschwitzt und überanstrengt. „Du bist dein eigener Weg, du solltest aber auch dein Ziel sein.“ und man blätterte in Ringgehefteten Broschüren, die im Preis inbegriffen waren und folgte den Anweisungen: Notiere Stichwortartig, wie du dich gerne auf dieser Welt sehen möchtest! Darunter stand in geschnörkelter Schrift: ...

Das Gespräch, das nie zu Ende geführt wird

Kennst du dieses Gespräch, das nicht zu Ende geführt wird? Du redest dich um Kopf und Kragen und trotzdem ist da auf einmal dieser eine Augenblick, in dem der Eine auf einmal bei dir ist und dir die Frage stellt, die schon seit ein paar Jahren zwischen euch stand. Und er fragt und du antwortest und das Gespräch beginnt, das euch wichtig ist. Ihr rückt aneinander, verschworen, und du fragst zurück, um deine Antwort vorzubereiten. Da kommt die Welt dazwischen. Und drängt sich hinein in die ...

Buchenwald (3)

Ich bin eingeschlafen, als ich zu Hause ankam. Und da war sofort dieser Traum. Wie ich aus der Tür trete. Hinter mir blieb das große, pechschwarze und undurchsichtige Ewigwabernde zurück. Ich trat von der Wärme hinaus in die grelle Kälte. Stand auf einer unendlich weiten Fläche voller Kieselsteine. Die Luft schmeckte staubig, steinig, ähnlich wie Kalk. Ich hob einen Stein auf, einen der Weißen. Jnd ich sah, dass das Weiße sich wie Kreide abwischen ließ. Ich sah auf, schnürte mir den ...

Dein einfaches Leben

Leb dein einfaches Leben. Du wirst glücklich konform. Denk nach, was der Vordenker vordenkt, der den Zug lenkt, der die Arme im richtigen Augenblick verschränkt. Denk, was dein Bauch dir empfiehlt, denk, was dir die Straße befiehlt. Denk - dir die Welt nicht größer als sie dir ist. Über besondere Menschen gibt es keine Serien, der besondere Mensch ist der erste, den die Welt vergisst. Leb nicht über die Tapeten hinaus. Leb nur diesseits des Fensters, halt die Welt aus deinem Leben und du dich ...

Was aus Narben wächst (1) Karawane

  Antoine de Saint-Exupéry schrieb einmal „Das Wesentliche der Karawane aber entdeckst du, wenn sie sich abnutzt. Vergiss den eitlen Lärm der Worte und schau: Wenn der Abgrund ihrem Wege widersteht, umgeht sie den Abgrund; wenn der Fels sich erhebt, weicht sie ihm aus; wenn der Sand zu fein ist, sucht sie anderswo festen Sand, doch stets schlägt sie wieder die gleiche Richtung ein.“   Nachts waren alle Städte golden. Der Asphalt glitzerte, als ob Sterne eingepflastert wären. Leuchtreklamen ...

Truckstop (Symbol-Challenge)

Manchmal verändern sich die Zeiten, aber manchmal bist eben du es, der sich verändert und alles, was du siehst, hat plötzlich ein anderes Licht oder eine andere Farbe. Es ist sowieso immer alles eine Frage der Perspektive, oder nicht? Du kennst das bestimmt, wenn du gerade mies drauf bist, wirkt die Straße ganz anders als wenn du gut drauf bist. Der Truck, so sehr ich ihn mag, es gibt einfach Tage, da hab ich das Gefühl, dass das Fahrerhaus wirklich eine kleine Zelle ist und ich halte nichtmal ...

Heldenzeit

In der Sonntagszeitung, welche vor gar nicht so vielen Jahren sogar als ein souveränes Blatt angesehen worden war, ließ sich derzeit ein Artikel lesen von einem neunjährigen Jungen, der sich mit einem blauen Cape und einer blauen Maske verkleidet in der Nachbarschaft als Alltagsheld präsentierte. Dem Klischee entsprechend hatte er damit begonnen, am Straßenrand zu warten, ob er alten Frauen hinüber helfen könne. Dem folgte die Idee, an heißen Spätsommertagen kostenlos kühles Wasser den ...

Die postheroische Zeit (Essay)

  Im Radio wurde diskutiert. Und nichts lieber ist den Moderatoren in ihrer Diskussion, als wenn es um den Zustand im Land geht. Denn Zustände sind immer an bestimmten Ereignissen ablesbar, Ereignisse, die sie Symptome nennen und eifrigst interpretieren und von allen Seiten her auflösen, wie man auch einen Jahrhunderte alten Wald von allen Seiten her auflösen kann, um ihm schließlich auf den wertvollen und ach so schmutzigen Braunkohlegrund zu kommen. Man diskutierte in diesen Tagen viel ...

Briefe von Asraa

Erstes Bild   Vielleicht sollte er warten, bis sein Leben als Graphic Novel erschien. Das erste Bild dann nur in Brauntönen gehalten. Ocker. So wie das Cover von Cumbe von Marcelo D’Salete. Braun und Weiß. So ist das ganze Leben, nicht wahr? Als sie zum ersten Mal zu ihm aufgeblickt hatte und das Weiß ihrer Augen erst verriet, wie dunkel ihre Haut eigentlich war. Arabisch dunkel. So hatte sie es genannt. Ist mir egal, hatte er geantwortet. Deine Hautfarbe interessiert mich nicht. Warum ...