Der Zwischenfall im Wald (2)

Seien wir ehrlich, Silvy war in mich verliebt und wir knutschten rum, als wir dreizehn waren. Wir „gingen miteinander“ – so nannte man das damals – aber wir hatten einen gewaltigen Streit darüber, dass ich mich weigerte, echten Journalismus zu machen. Ich hätte Talent, meinte sie und das sollte ich doch nutzen, über die wahren Dinge zu schreiben. (...) ...

Schwarzerde

Schwarzerde wölbt sich Nur der aufrechte Mann wird bestehen Liegst unter Steinen, unter Tränen, unter den Wolken, unter uns, unter unseren Gedanken, unter den Wurzeln, unter Worten, unter Gebeten, unter dem Leben, liegst. Schwarzerde strömt in den Äther Der bußfertige Mann wird bestehen. Schweigst von der Stille, von der Andacht, von dem Gedenken, vom Leben das war, vom Wasauchimmerjetztist, schweigst wie ein Grab. Schwarzerde ist dein Reich, deine Kraft, deine Herrlichkeit. Die Randkinder ...

Bei der Schulaufführung

Bei der Schulaufführung begann sie anders als alle erwarteten. Sie stand als Gretchen im Kerker schon in der ersten Szene. Die Füße dicht am Rand der schwarzen Sperrholzbühne, richtete sie ihren Blick direkt ins Publikum, hart und kalt und entleert jeder Gefühle. Sie sagte: jeder von uns kennt die Stelle an der Biegung des Flusses. Dort ist ein unscheinbarer Flecken, auf den immer Schatten fällt. Dort haben Millionen schon Seelenscherben vergraben. Dort liegt auch ein Teil von mir. Sie schweigt, ...

Petrarca (iii)

Wärst du aus Stein, marmorn so weiß, so kühl und rein ein Ebenbild von Tugend, Fleiß und Herrlichkeit, Ein anmutsvolles Bild, begehrt von nah und weit So trüg ich dich zu mir, so wärst du ewig mein. Wärst du ein Traum nur, wild in ruhiger Nacht durchlebt Sirenenhaft die Stimm’, die heiß die Herzensbrust durchwühlt Obgleich die Atemlust mir eisig eingeschnürt Ein ahnungsvolles Hauchen, das durch meine Seele weht, die Liebe wär’s, die Schönheit, ewig Glückes Leid so hätt ich dich, ...

Petrarca (ii)

Was muss ein Kuss von deinen Lippen sein, oh Kind, Der sich von deinem rotbesetzten Herzensgrund Über den meinen gießt, von Mund zu Mund. Vergib, dass Küsse nur Sekunden sind. Was muss ein Kuss aus deinen Augen sein, oh Kind, wenn sich die Lider gleich der Nacht über die Welt über das Augenrund versenken, dennoch erhellt sich gleich darauf der leidenschaften Treiben blind. Ich steh auf wankenden Gestaden Derweil ich hoff’ auf einen Augen Blick Von Hoffnung durch die Nacht getragen Dass ...

Nocturn (Triptychon)

I. 19:00 Uhr Einmal bleibe ich Mit meinem Blick fest auf dich gerichtet. Einmal geh ich nicht Wieder fort und lasse mich selbstvernichtet zurück. Einmal glaube ich Nicht an Gott, an uns. Und wenn die Zeit Noch tickt Wer weiß ...!? II. 23:10 Uhr Im Rausch Der Sinne dem Traum Ergeben! Im Rausch, Blut gezählt und vergeben, Das Ich im Exil Im Fluchtwagen Im Rausch Sinnenumwölbt Sirenenumzuckt Dein sichelförmiger Leib Biegt sich, es hebt Der Wind an den Pfeilern der Welt, die für immer in ...

Was sie Liebe nennen

Sie nennen's Liebe
Und es ist Schmerz.
Sie predigen Lüge,
Ein wahrer Scherz.

Sie treiben Pfeiler
Zwischen uns
Und rufen: Heiler
Wir kenn'n uns aus!

Erzählt mir nichts von
Moral und Leben,
Von Kraft und Mut!
Schweigt mir vom Reden!

Sie sind die Klingen
Dieser Welt
Über die du springst
Wenn du fällst!

Herr, lass es regnen!
Am besten Blut.
Herr, lass es regnen!
Es ist genug.

Trendwende

Wir erleben eine Trendwende Mit Argumenten so dünn wie japanische Trennwände Ich kann nicht glauben Dass alle, die Gaffen, so dumme Sachen machen wie Malaysiche Affen Die nicht einfach nur brüllen Sondern aus Angst, die eigenen Bäuche würden nicht füllen sich plötzlich versammeln Wahnsinniges stammeln, mit Steinen und brennenden Flaschen Heime anzünden und lachen Wenn ein Stück ihrer eigenen Heimat brennt Nicht mal begreift, nicht mal erkennt Der eine, der aufs Feuer zurennt, dass er das ...

Astronautin

Du stehst jetzt hier vor mir und sagst Was hätten wir Planeten erobern können Was hätten wir zusammen nicht alles bewegt. Ich hänge an deinen Lippen, du hängst an mir. Du bist schön, wenn du die Lippen bewegst, schön, wenn deine Haare sanft fließen, schön, wenn du beim Sprechen den Grund deines Sprechens vergisst. Du bist ein anderer Mensch, stehst du am Fenster Den Blick auf das dunkle da Draußen gerichtet Wenn in dem Glas vor deinen Augen Sich das Sternenlicht von fremden Galaxien bricht. Du ...