Angst
Es gibt Augen, die so traurig sind
Und doch nicht einmal sagen
Halt mich fest, ich werde blind,
häng an den Fäden meiner Narben
Und auf die bleiche Haut fällt
Schräg das grüne Licht
Während die Welt sich weiter dreht
Bewegst du dich einfach nicht
Es gibt Stimmen, die laut reden
Worum es geht, sagen sie nicht
Sie zeigen auf das grelle Leben
Du beschattest dein Gesicht
Und zwischen mir und dir
Verwachsen die kalte, graue Stadt
Zwischen dir und mir
Zu viele Leben finden statt
So ein Mensch
So ein Mensch, der gelebt hat,
Im Sterben aber gegen den losen
Stein eines Damms fällt,
Dessen Tod dann die Flut bringt,
Und nunmehr nun nicht mehr
Als ein Anstoß geworden ist:
So einer ist in den Augen
Der Welle kein Mensch mehr.
Auf den Straßen der Republik: Wölfe
Mit blutleerem Blick.
So ein Mensch, den man brüllend
Durch ein Land trägt, mit nichts
Als Angst und Hass und Stolz
Dessen Tod lauter klingt als sein
Name, dessen Biografie
Wertloser wurde als seine
Beerdigung, so ...
Dirt in the Ground (4/4)
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Hier ist Teil 3
Hier ist Teil 4:
Er schreit ja selbst vor Schmerzen. Ich lasse ihn auf mich einschlagen. Lasse zu, dass er mein Gesicht trifft. Lasse das Schwarz zu. Die Umnachtung. Das Bleierne. Das endlich leibhaftig gewordene Elend. Ich lasse ihn brüllend mein Blut mit seinem vermischen.
Ich wage es aufzusehen. Wage es durch den roten Schleier einen Eindruck zu bekommen, wie er innehält, zurückkippt. Wie er zu Boden sinkt: er sieht aus wie ...
Dirt in the Ground (3/4)
Er hat kein einziges Buch in seinem Haus.
Sagt man nicht, ein Haus ohne Buch sei ein Haus ohne Seele?
Ja, ich weiß. Wenn man das Schlechte sehen will, dann sieht man es. Überall hier. Alles in dieser Wohnung, von der ich überzeugt bin, dass sie seinen Charakter widerspiegelt, widert mich an oder stößt mich wenigstens ab. Ich finde nichts, womit ich mich beschäftigen könnte. Keine Zeitschrift. Kein Fernseher. Diese Wohnung ist nichts als eine weiße Wand, eine Projektionsfläche. Und alles ...
Dirt in the Ground (2/4)
Die Autorin Patricia Hampl hat mal so was Ähnliches gesagt wie: „Eine Biografie ist ein Zeitstrahl, der durch Ereignisse unterbrochen wird.“
Ist das nicht spitze?
Mich hat es beeindruckt.
Weil das Leben einfach läuft, selbst wenn es keine Ereignisse gibt, die die Zeit unterbrechen und dem Leben für eine kurze Periode eine Bedeutung verleihen.
Ich glaube daran, dass Dortmünders Leben keine Bedeutung hat, jetzt wo ich ihn verlasse und nach unten gehe. Im Spiegel überprüfe ich kurz, ob ...
Lebenslänglich (3/3)
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Steven war verdammt gut im Pokerspielen.
Er erkannte einen Bluff. Und er verstand es, zu kontern.
„Sie tun mir Leid.“, antwortete er deshalb dem Direktor auf dessen lange Ansprache. „Ganz ehrlich. Sie haben ein so gut sortiertes Haus, führen die Anstalt mit so viel Eifer und Übersicht. Sie bekommen sogar mit, wenn ihr Vorzeigenazi sich mit dem Vorzeigetunesier anfreundet, ihrem politischen Abschiebefall. Aber sie bekommen ...
Lebenslänglich (2/3)
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Steven wollte Münz auf dem Weg zur Mensa abholen und ihm von Dr. Lewens Auftritt erzählen, als er unterwegs auf Barek stieß, dessen dunkle Hautfarbe regelrecht blass geworden war.
„Was ist dir denn passiert?“
„Nicht mir.“, antwortete Barek leise. Er drückte Steven zur Seite, abseits von dem Häftlingsstrom, der Richtung Mensa trieb.
„Es hat heute Nacht einen Toten gegeben.“, sagte Barek düster. „Drüben in A.“
A, damit war wohl der ...
Junge Vulkane
Sobald die letzte Phase
der Klimaerwärmung anbricht
Ist das der Augenblick,
der uns verspricht,
Dass das Eis zwischen uns
endlich aufbricht,
Vergiss also bitte nicht
Hinter jedem Sturm brennt
Der Himmel im goldenen Licht
Du und ich, wir sind junge Vulkane
Wir brechen aus aus verkrusteten Zeiten
Reißen harte Schalen
Und schleudern sie raus in unendliche Weiten
Wir sind die Asche, das Gas und das Nichts
Die sich über die Kontinente ausbreiten
Vergiss also bitte nicht
Hinter jedem ...
Lass uns ein paar Fehler machen
Lass uns ein paar Fehler machen, wenn's schief geht, läuft's perfekt. Dann haben wir keine Story zum Erzählen, aber immerhin was gemacht.
Lass uns ein paar Brücken bauen, wo niemand auf die andre Seite will. Im schlimmsten Fall stellt man sich drunter, hält der Regen nicht mehr still.
Lass uns Steine aus Mauern schlagen, wo sie sagen, die hätten tragende Funktion. Wenn's mies läuft, stürzt der Himmel ein, dann gibt's auch keine Wollenkollission.
Lass uns einmal lachen, wo es wichtig wird ...