Das erste Date

„Was nimmst du?“, fragte sie. Und er fragte sich, ob es irgendwo eine alternative Dimension gab, in der er zuerst gefragt hatte. „Huhn.“, sagte er. „Bäh.“, meinte sie. „Bäh?“ „Wegen den Fingern.“ „Dann gibt es hier immer so ein Zitronentuch, das ...“ „Findest du nicht, dass Hühnchen immer irgendwie barbarisch aussieht, wenn man es isst. Man zerfetzt es mit den Fingern. Man pult im Fleisch.“ „Stimmt. Jetzt, wo du es sagst, ....“, ein entschuldigendes Lächeln. ...

Romanideen, die es leider nicht vom Kopf zum Papier gebracht haben

(1) Das Ende von Zeit ist Ewigkeit Nach dem Studium zieht es den Protagonisten nach Irland, wo er sich in Tilly Leary verliebt und deren autistischer Bruder das Langsamerwerden der Zeit spüren kann. Ein Sturm hält die drei Personen in einem alten Bauernhaus gefangen und der Protagonist muss lernen, welche Kraft am Ende aller Zeit gebündelt wird, ehe das komplette Universum in einer Sekunde zum absoluten Stillstand erstarrt. (2) in allen Sprachen lässt sich alles sagen Endres ist Journalist. ...

Vom Dach

Es waren andere Zeiten. Wir hatten gerade einmal drei Ausländer in der Klasse. Der Eine war Italiener, der Zweite Grieche und erst der Dritte ein Moslem. Wir sagten „Türke“ zu ihm, weil wir alle keine Ahnung hatten, dass er eigentlich Kurde war. Und ihm war das auch genauso egal wie seinen Eltern. Man nannte sie „die Türken aus der Lingenfeldstraße“. Oder „die Türken aus der 17“. Manchmal auch „die Türken mit dem roten Passat“. Und dabei gab es in ganz Pilzbach keine zweite ...

Schülerlotse und Verantwortung

"Früher hat es noch Schülerlotsen gegeben." "Früher haben sich Leute aus der Umgebung dafür bestimmt freiwillig gemeldet. Ich meine, ist ja kein Beruf sowas, oder?" "Waren andere Zeiten. Hat ja keiner mehr Zeit für an der Straße rumstehen und den Autos winken." "..." "Nein, im Ernst: hat keiner mehr Zeit." "Ich frag mich, ob es die Zeit ist oder, dass man dafür Verantwortung für andere übernehmen muss." "Die Leute, die immer sagen: "ich würd's ja machen, aber!" "Und Recht haben sie, ...

Die Einschulung

Es war schon merkwürdig, wie sich die Gesprächsthemen bei Tisch verändert hatten. Da war mal eine Zeit, in der man einfach schweigend an einem Grill gestanden hatte, Schulter an Schulter, in die Glut geblickt hat und alles war gut. Man nannte so was: „Den Gott einen lieben Mann sein lassen“. Und während die Tischgespräche dann langsam gewechselt waren zu bedenklichen, politischen Zuständen, man sich über Präsidenten genauso intensiv unterhielt wie über die Schreibfähigkeiten deutscher ...

Dirt in the Ground (4/4)

Anfang verpasst? Hier ist Teil 1 Hier ist Teil 2 Hier ist Teil 3 Hier ist Teil 4: Er schreit ja selbst vor Schmerzen. Ich lasse ihn auf mich einschlagen. Lasse zu, dass er mein Gesicht trifft. Lasse das Schwarz zu. Die Umnachtung. Das Bleierne. Das endlich leibhaftig gewordene Elend. Ich lasse ihn brüllend mein Blut mit seinem vermischen. Ich wage es aufzusehen. Wage es durch den roten Schleier einen Eindruck zu bekommen, wie er innehält, zurückkippt. Wie er zu Boden sinkt: er sieht aus wie ...

Dirt in the Ground (3/4)

Er hat kein einziges Buch in seinem Haus. Sagt man nicht, ein Haus ohne Buch sei ein Haus ohne Seele? Ja, ich weiß. Wenn man das Schlechte sehen will, dann sieht man es. Überall hier. Alles in dieser Wohnung, von der ich überzeugt bin, dass sie seinen Charakter widerspiegelt, widert mich an oder stößt mich wenigstens ab. Ich finde nichts, womit ich mich beschäftigen könnte. Keine Zeitschrift. Kein Fernseher. Diese Wohnung ist nichts als eine weiße Wand, eine Projektionsfläche. Und alles ...

Dirt in the Ground (2/4)

Die Autorin Patricia Hampl hat mal so was Ähnliches gesagt wie: „Eine Biografie ist ein Zeitstrahl, der durch Ereignisse unterbrochen wird.“ Ist das nicht spitze? Mich hat es beeindruckt. Weil das Leben einfach läuft, selbst wenn es keine Ereignisse gibt, die die Zeit unterbrechen und dem Leben für eine kurze Periode eine Bedeutung verleihen. Ich glaube daran, dass Dortmünders Leben keine Bedeutung hat, jetzt wo ich ihn verlasse und nach unten gehe. Im Spiegel überprüfe ich kurz, ob ...

Dirt in the ground (1/4)

Es fällt leicht, einen Menschen wie Gero Dortmünder zu hassen. Einer, der sich sein Glück nicht verdient hat. Er hatte es zu Geld gebracht, ohne je dafür wirklich gearbeitet zu haben. Solche Menschen gibt es zu viele, wenn man mich fragt. Er lebt in einem großzügig geschnittenen Haus. So eins, wie man es nur aus Filmen oder Katalogen kennt. Die perfekte Einrichtung hat er sich noch nicht einmal selbst hergeschleppt. Da ist kein Schrank selbst aufgebaut. Nicht mal das Modellschiff auf dem Vitrinenschrank ...

Die Axt

Ein einziges Wort kann der Keil sein, welches die Gesellschaft spaltet.

Im Kopf eines Menschen, der dieses Wort als Ideologie dort aber inthronisiert hat, kann es auch die Axt sein, die aus goldener Gegenwart düstere Scheite schlägt, um der Welt ein großes Feuer zu bereiten.