Sir Lancelot: Was sind Schönheit und Hässlichkeit – Essay

Wenn ein Archäologe einen Fetisch oder eine Maske einer fremden Kultur findet, eine unförmige Darstellung, fratzenhaft verzerrt, wie soll er wissen, ob diese Darstellung ein Schönheitsideal oder ein Hässlichkeitsideal darstellen sollte? Wir haben sowohl eine Vorstellung davon, was wir als schön empfinden, als auch davon, was hässlich ist. Und sowohl das eine wie das andere haben wir im Bedürfnis, aufzufangen und wiederzugeben. Es gibt eine Reihe an Kunstwerken, die nicht den Anspruch erheben, ...

Wie wir geworden sind – Essay

Wir leben unsere Leben inzwischen einfach nur vor uns hin. Wir umgeben uns mit Ablenkungen, um das nicht mehr wahrnehmen zu müssen, was uns das offensichtlichste geworden ist: dass das Leben ein gewaltiges Mysterium ist, nebulöser als des Stiefmutters sprechender Spiegel, unlösbarer als die Frage nach dem Verbleib des Nibelungenschatzes. Wir sind Treibgut und führen uns auf wie Luxusyachten. Wir sind Menschen und schweigen regungslos wie Götter.

Virtuelle Staaten – Essay

„Das Internet ist das größte Anarchismusexperiment aller Zeiten.“, sagen Eric Schmidt und Jared Cohen, ehemaliger CEO und Gründer von Google, in ihrem Buch „Die Vernetzung der Welt“. Ich mag diese Vorstellung irgendwie. Dass das alles nur ein Experiment ist. Ein Spielhof, auf dem man zuschauen kann, wie der Mensch so funktioniert. Dezentralisiert, dieses Wort kommt sehr oft in diesem Buch vor. Und es wird voller Stolz gebracht, obwohl es sonst ein sehr amerikanisches Buch ist. Die Utopie, ...

Der freie Wille – Alice hinter den Spiegeln – Ein Essay

Der freie Wille ist eine Illusion. Eltern haften trotzdem für ihre Kinder. (nach: Christian Geyer)   Ich bin ein Homo cerebralis. Ich habe keine Seele, ich habe ein Gehirn. Meine Seele hätte erklären können, wie es mir gelingt, freie, unabhängige, spontane Entscheidungen zu treffen. Mit meinem Gehirn wird erklärt, wie es zu meinen Entscheidungen kommt. Jeder Gedanke ist mit einem bestimmten Gehirnzustand gleichzusetzen. In „Wirklichkeit“ denkt niemand. Das Gehirn spielt „ein Spiel ...

Zynismus – Essay

Der Kyniker Diogenes Laertius sagte einmal: „Ein reicher Mann ohne Bildung ist ein Schaf mit goldenem Vließ.“ Oh, ich liebe die Zyniker. Der Kynismus ist genau meine Sache. Der Begründer dieser Schule ist nicht, wie man landläufig vielleicht vermuten mag, dieser ältere Mann, der in einem Fass lebte, sondern eigentlich gilt Antisthenes von Athen als erster Kyniker. Und dieser wiederum war einer der Fans des Sokrates. Erst sein Schüler war der berühmte Diogenes und erst dem gelang es a) ...

Die Wissenskrise – Essay

Rein deskriptiv: die Flut an Wissen macht nicht klüger sondern dümmer. Die Zensur macht stiller, aber zorniger. So war es früher. Heute entsteht eine durch Algorithmen geschaffene Äquivalenz zur Zensur. Die Masseninformation unterdrückt die wahrhafte Einzelinformation. Das überfordert und macht stumm. Der Zorn, der entsteht wird durch die Algorithmitisierung der Informationsportale exponenziell gesteigert: Die Presse generiert längst keine Informationsblätter mehr, sie generiert Leser, ...